Auf seiner heutigen Sitzung beschloss der EZB-Rat die 17. Leitzinssenkung seit Oktober 2008. Die bereits seit April 2014 negative Einlagenfazilität wurde hierbei von -0,30% p.a. auf -0,40% p.a. geändert. Auch die zuletzt nur noch knapp über null liegenden Spitzen- und Hauptrefinanzierungsfazilität wurden von 0,30% p.a. / 0,05% p.a. auf 0,25% p.a./0,00% p.a. angepasst. Obwohl diese Zinssätze primär nur für Geschäfte zwischen der EZB und den Geschäftsbanken gelten, werden die Zinssenkungen für viele Bankkunden spürbar sein. Die Leitzinssätze der EZB geben schließlich seit Jahren einen Korridor vor, den EONIA und EURIBOR nicht verlassen. EONIA und EURIBOR werden wiederum bei der Zinshöhe vieler Geschäfte herangezogen – insbesondere variabel verzinste Kredite und Payer bzw. Receiver Swaps orientieren sich direkt an ihnen. Wie EONIA und EURIBOR sich zusammen mit den Leitzinssätzen der EZB in den letzten Jahren abwärts bewegten, illustriert Abbildung 2. Die Mechanismen werden hier erläutert.
Mit dem zu erwartenden weiteren Rückgang von EONIA und EURIBOR wird eine Lösung der mit Negativzinsen verbundenen Probleme akut.
Zuvorderst ist hierbei die Frage zu klären, in welchen Geschäften Negativzinsen überhaupt anzuwenden sind. Während dies bei Swaps i.d.R. explizit geregelt ist, verfahren Banken insbesondere bei Kreditzinsen höchst unterschiedlich. Bisweilen werden negative Kreditzinsen ausgezahlt, Kreditnehmern also Zinszahlungen gutgeschrieben. Vielfach werden Kreditnehmer aber auch zum Verzicht auf Negativzinsen gedrängt, wobei oft sogar ein Mindestzinssatz in Höhe der Kreditmarge festgeschrieben wird.
Die je nach Geschäftsart unterschiedliche Behandlung negativer Zinssätze stellt zugleich Bewertungseinheiten in Frage. Insbesondere schwindet die Sicherungsbeziehung zwischen Payer Swaps und variabel verzinsten Krediten, wenn in Payer Swaps plötzlich die Negativzinsen zu zahlen sind, während dieser Vorteil im Kredit vorenthalten wird. Hieraus erwachsen sogar ganz neue Risiken, da die gesamte Zinsbelastung über den mit dem Payer Swap ursprünglich fixierten Festzinssatz hinaus steigen kann. Zudem bleibt eine Auflösung von Bewertungseinheiten meist nicht ohne Auswirkungen auf die Bilanz.
Aber nicht nur Kreditnehmern, sondern auch Sparern droht Ungemach – und zwar noch über die Belastung der Spareinlagen mit Negativzinsen hinaus. Die Finanzministerien von Bund und Ländern sind nämlich übereinkommen, im Sinne der Abgeltungssteuer negative Einlagezinsen nicht als Zinszahlungen zu werten. Sie seien vielmehr als Verwahr- und Einlagegebühr anzusehen, die bereits als Werbungskosten vom Sparer-Pauschbetrag erfasst werde.
Zu diesen und weiteren Fragen rund um negative Zinsen veranstaltete SAM am 17.04.2016 eine Podiumsdiskussion in Leipzig. Aus drei verschiedenen Blickwinkeln sprachen unsere Referenten,
zum Thema. Den Rückblick zur Veranstaltung können Sie hier nachlesen: Veranstaltungsrückblick.