Ergebnisse des Diskussionsforums EURIBOR EN

Unser Prokurist Karel Teich beteiligte sich am 09. November 2018 an einer von der Europäischen Zentralbank in Frankfurt organisierten Experten*innen – Runde zum Thema „Umsetzung der Benchmarkverordnung“.

Neben Vertreterinnen und Vertreter der „Working Group on Euro Risk Free Rates“ (initiiert durch die EZB, FSMA, ESMA und der EU-Kommission) waren auch Vertreterinnen und Vertreter der EU-Kommission und der EZB sowie Expertinnen und Experten verschiedener Finanzinstitute an der Diskussionsrunde beteiligt. Besprochen wurde der aktuelle Stand der Bemühungen zur Ablösung des Eonia (Euro Overnight Index Average) durch den neu geschaffenen Referenzzinssatz ESTER / €STR. Darüber hinaus wurde die Reformation des Euribor bzw. eventuell notwendiger Alternativen besprochen.

Hauptdiskussionspunkte zum Thema EU Benchmark Regulation waren unter anderem:

  • Die mögliche Verlängerung der in der Benchmarkverordnung festgelegten Übergangszeit um mindestens zwei weitere Jahre: Damit soll ein reibungsloser Übergang gewährleistet werden und Instabilitäten am Finanzmarkt vermieden werden. Die EU-Kommission unterstützt diese Initiative.
  • Die derzeitig empfohlene Alternative zum Euribor bleibt weiterhin der ab Mitte/Ende 2019 von der EZB veröffentlichte Zinssatz ESTER/€STR (Euro Short Term Rate): Bis dahin kann eine Orientierung an dem seit Anfang 2017 ermittelten pre-ESTER / €STR erfolgen. Welche Rolle dieser allerdings bei der Bepreisung von Finanzinstrumenten spielen wird, ist noch offen.
  • Trotz einer verlängerten Übergangszeit wird ein frühzeitiges Handeln empfohlen: Eine zeitnahe Umstellung von Eonia auf ESTER/€STR wird allen Marktteilnehmer*innen angeraten, da der Eonia zunehmend unter dem Einfluss immer weniger großer Banken steht. Zudem hat das EMMI (European Money Markets Institute) die Überarbeitungsbemühungen des Eonia bereits eingestellt, währen der Ester auf einer breiten Datengrundlage und einer transparenten Methodik basiert.
  • Die Reformbemühungen für den Euribor werden weiterhin durch das EMMI unterstützt: Die angestoßene Euriborreform soll weiterverfolgt werden und durch eine dreistufige Hybrid-Methodik umgesetzt werden. Ein abschließendes und belastbares Ergebnis der Bemühungen gibt es allerdings bisher noch nicht.

Alle Ergebnisse im Detail können Sie auch auf unserer Webseite zum Thema Reform der Referenzzinssätze nachlesen: www.benchmarkreform.de

Unser Praxistipp zur EU Benchmark Regulation

Prüfen Sie alle bestehenden Finanzierungs- und Derivatverträge in Bezug auf mögliche Risiken durch die anstehenden Reformen der Referenzzinssätze und ziehen Sie mögliche Risiken auch beim Abschluss neuer Verträge mit Bezug zu EONIA-/EURIBOR-Zinssätzen in Betracht.

Wir unterstützen Sie bei der individuellen Aufarbeitung des Themas. Bei Interesse sprechen Sie uns gern jederzeit an bzw. schreiben uns Ihre Fragen an die E-Mailadresse EURIBOR@sachsen-am.de.

Weitere Informationen von uns zum Thema finden Sie unter: www.benchmarkreform.de

Am 09. November 2018 organisierte Europäischen Zentralbank in Frankfurt eine Expertenrunde zum Thema „Umsetzung der Benchmark-Verordnung“. Unser Prokurist Karel Teich war als Experte vor Ort und hat die Ergebnisse für Sie zusammengefasst:

Die für Kapitalmarktteilnehmer/innen wichtigste Auswirkung dieser Verordnung ist, dass (nach Ende der gegenwärtig laufenden Übergangsfrist von 2 Jahren) ab 01. Januar 2020 nur noch verordnungskonforme Referenzzinssätze verwendet werden dürfen, also solche, die robust, zuverlässig, repräsentativ und nicht manipulierbar sind. Weder die EURIBOR-Zinssätze noch der EONIA erfüllen in ihrer derzeitigen Form diese Anforderungen.

Im Rahmen der Veranstaltung stellten Vertreter einer Arbeitsgruppe, gebildet von EZB, FSMA, ESMA und der EU-Kommission, den anwesenden Vertretern und Vertreterinnen verschiedener Finanzinstitute den aktuellen Stand ihrer Bemühungen zur Ablösung des Tagesgeldsatzes EONIA durch den neu geschaffenen Referenzzinssatz ESTER sowie zur Reformation des Euribor bzw. eventuell notwendiger Alternativen vor. Außerdem kamen Vertreter und Vertreterinnen der EU-Kommission und der EZB zu Wort.

 Die wichtigsten Erkenntnisse

  1. Die aus Vertretern/innen großer Finanzinstitute und (nicht stimmberechtigten) Finanzmarktregulatoren bestehende Arbeitsgruppe hat sich für eine Verlängerung der in der Benchmark-Verordnung kodifizierten Übergangszeit um mindestens zwei weitere Jahre ausgesprochen und bereits konkrete Vorschläge für eine EU-rechtliche Umsetzung gemacht. Die EU-Kommission verfügt zwar nur über eine Beobachterrolle, unterstützt diese Initiative jedoch, da ihr an einer reibungslosen Umsetzung der Verordnung gelegen ist und sie aufgrund der kurzen verbleibenden Vorbereitungszeit und der bisher immer noch nicht erfolgten Einführung konformer Zinssätze ein erhebliches Risiko für die Gefährdung der Finanzmarktstabilität sieht. Letztlich ist jedoch nur das Europaparlament in der Lage, verbindliche Änderungen an der Verordnung zu genehmigen.
  2. Die derzeit einzige Alternative für den Tagesgeldsatz EURIBOR bleibt der erst ab Mitte/Ende 2019 von der EZB veröffentlichte Zinssatz ESTER (Euro Short Term Rate). Der seit erstem Quartal 2017 von der EZB ermittelte pre-ESTER (der nur sporadisch mit Zeitverzug veröffentlicht wird), erwies sich – in einem allerdings sehr ruhigen und von Negativzinssätzen geprägtem Kapitalmarktumfeld – als sehr valide und war immer auf eine deutlich breitere Basis gestellt, als der für Manipulationen und Sondereffekte anfällige EONIA. Inwieweit der zu beobachtende Spread zwischen EONIA und ESTER von ca. 9 Bps. in Zukunft bestehen bleibt und welche Rolle dieser bei der Bepreisung von Finanzinstrumenten spielen wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Wichtig wird in jedem Fall jedoch, dass zukünftig die Tagesgeldsätze erst am folgenden Bankarbeitstag veröffentlicht werden.
  3. Selbst wenn es zu einer Verschiebung des kritischen Stichtages 1.1.2020 kommt, ist Marktteilnehmern/innen zu empfehlen, so früh wie möglich von dem vom EMMI (European Money Markets Institute) bereitgestellten EONIA auf ESTER umzustellen, da der EONIA zunehmend Schwächen zeigt. So ist das Volumen, das seiner Ermittlung ursprünglich zugrunde lag, deutlich zurückgegangen und der Einfluss weniger großer Banken auf seine Höhe hat extrem zugenommen. Das EMMI hat seine Bemühungen um eine grundsätzliche Überarbeitung des EONIA eingestellt. Im Gegenzug dazu basiert der ESTER auf einer amtlichen Statistik der EZB mit einer breiteren Datengrundlage und einer transparenten Methodik.
  4. Beim EURIBOR ist das EMMI derzeit weiterhin um eine Reform bemüht. Der EURIBOR soll demnach auf eine dreistufige Hybrid-Methodik umgestellt werden, bei der in einem Wasserfallprinzip zunächst auf tatsächliche Transaktionen, und sodann darauf aufbauend auf Proxi-Daten und schließlich auf Modelle zurückgegriffen wird. Obwohl alle Referenten/innen auf der Veranstaltung zuversichtlich schienen, dass die Hybrid-Methodik geeignet ist, den EURIBOR verordnungskonform zu reformieren, ist dies u.E. derzeit keinesfalls sicher. Die Teilnehmer/innen des Roundtables waren sich einig, dass die Arbeitsgruppe in jedem Fall an einer alternativen Rückfalllösung weiterarbeitet und sich die Marktteilnehmer/innen auch auf ein Szenario vorbereiten sollten, dass zum 1.1.2020 der EURIBOR nicht mehr veröffentlicht wird und die kurzfristigen Zinssätze von 1 bis 12 Monaten über finanzmathematische Methoden aus dem Ester abgeleitet werden müssen. Hier bestehen noch hohe Unsicherheiten, da die Arbeitsgruppe bisher noch keine Konsultationspapiere veröffentlicht hat.

Fazit der Veranstaltung

Bemerkenswert ist, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Arbeitsgruppe bisher noch keine Unterstützung für die vertragliche Anpassung von bestehenden Finanzprodukten angeboten haben. Es besteht zwar die Bestrebung, dies noch rechtzeitig zu tun, allerdings bleibt die nur für Derivate zuständige ISDA (International Swaps and Derivatives Association) auf diesem Gebiet Vorreiter. Sie hat bereits entsprechende Vertragsanhänge veröffentlicht, die für neue Verträge gültig sind. Allerdings ist zu beachten, dass auf dem deutschen Markt i.d.R. keine ISDA-Rahmenverträge zur Anwendung kommen, sodass diese Standards erst noch auf den deutschen Markt angepasst werden müssen.

Insgesamt empfahlen die Referenten/innen den Marktteilnehmern/innen, sich bereits jetzt intensiv mit den bestehenden und zukünftigen Anforderungen der durch die Benchmark-Verordnung vorgeschriebenen Reformen vertraut zu machen. Dabei sollten bestehende Finanzierungs- und Derivate-Verträge hinsichtlich ihrer Anfälligkeit auch auf sogenannte Basis-Risiken geprüft, die Auswirkungen auf das Rechnungswesen evaluiert und eine Kommunikationsstrategie mit Kunden/innen und Finanzierungspartnern/innen sowie ein Umsetzungsplan entworfen werden. Hierbei wird es notwendig werden, spätestens in 2019 entsprechende Projekte zu initiieren, für die bereits jetzt entsprechende Ressourcen zu einzuplanen sind.

Wir unterstützen Sie bei der individuellen Aufarbeitung des Themas

Weitere Informationen von uns zum Thema finden Sie unter: https://www.sachsen-am.de/euribor-reform/

Gern unterstützen wir Sie auch hierbei wie gewohnt als bankenunabhängiger Dienstleister. Bei Interesse sprechen Sie uns gern jederzeit an bzw. schreiben uns Ihre Fragen an die E-Mailadresse EURIBOR@sachsen-am.de.

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