Zweitmarkt für US-Lebensversicherungen
Privatinvestoren beteiligten sich in der Vergangenheit am Zweitmarkt für US-Lebensversicherungen, etwa in Form von geschlossenen Fonds oder mittels Genussscheinen. Ziel war es, bestehende Lebensversicherungen aufzukaufen und gewinnbringend weiterzuführen. Dabei wurden von den Auflegern der Fonds oder Genussscheine oft hohe Renditen in Aussicht gestellt. Tatsächlich erlitten die Privatinvestoren zum Teil empfindliche Verluste. Um die Ursache hiervon zu verstehen, ist ein tieferer Blick in die Funktionsweise des Zweitmarkts für US-Lebensversicherungen notwendig.
Im Gegensatz zu deutschen Lebensversicherungen zahlen die US-Lebensversicherungen meist nicht im Erlebensfall, sondern nur im Todesfall aus. Die Lebensversicherungen haben oft nicht einmal ein Enddatum, sondern laufen bis zum Tod der versicherten Person. Benötigt ein Versicherungsnehmer den Todesfallschutz nicht mehr, kann er die Lebensversicherung kündigen; er wird dabei von der Versicherung aber nur einen im Vergleich zur Versicherungssumme kleinen Kündigungswert erhalten. Hier setzt der Aufkäufer am Zweitmarkt an: Er bietet dem Versicherungsnehmer eine etwas höhere Summe als den Kündigungswert der Versicherung. Der Aufkäufer führt die Versicherung anschließend weiter, leistet also auch die Versicherungsprämien. Verstirbt die versicherte Person, erhält der Aufkäufer die Versicherungssumme. Dies ist umso lukrativer für den Aufkäufer, je schneller der Tod der versicherten Person eintritt. Aufgrund dieses Zusammenhangs haben einzelne deutsche Gerichte diese Art von Geschäften als möglicherweise sittenwidrig angesehen (z.B. OLG Frankfurt am Main, 3 U 24/12).
Um die Lebensdauer der versicherten Person bei Ankauf der Lebensversicherung abzuschätzen, wurden in der Regel medizinische Gutachter beauftragt. Hätten die versicherten Personen im Mittel so lang wie vom medizinischen Gutachter prognostiziert gelebt, hätten die Privatinvestoren einen hohen Gewinn erzielt. Tatsächlich leben die versicherten Personen deutlich länger, sodass die Aufkäufer nicht nur die Versicherungssumme deutlich später erhalten, sondern auch deutlich länger Versicherungsprämien zahlen müssen. Dies ist die Ursache für die hohen Verluste der Privatinvestoren.
Begründet werden die Verluste der Privatinvestoren meist mit ähnlichen Argumenten: Die Menschen lebten z.B. aufgrund des medizinischen Fortschritts länger, die Sterbetafeln, aus denen mathematische Kennziffern zur Berechnung der Lebenserwartung gelesen werden, waren veraltet, die versicherten Personen lebten schlicht zufällig länger. Nach einer von SAM durchgeführten Analyse sind diese Begründungen jedoch nicht stichhaltig. Der Trend zu längerer Lebenserwartung dauert schon viele Jahrzehnte an und kann die Abweichung zwischen der in den medizinischen Gutachten prognostizierten Lebenserwartung von der tatsächlich eingetretenen Lebensdauer kaum erklären. Vielmehr gibt es deutliche Hinweise, dass die medizinischen Gutachter systematisch zu niedrige Lebenserwartungen geschätzt haben.
Die Gründe für diese systematischen Fehler können vielfältig sein. Interessant ist jedoch, wenn man sich die Analogie zum sogenannten US-Subprime-Markt verdeutlicht. Bei diesem wurden Hypothekenkredite an Kreditnehmer mit geringer Bonität vergeben. Die Forderungen aus den Krediten wurden in Wertpapieren gebündelt und an Investoren verkauft. Alle Beteiligten außer den Investoren – Kreditnehmer, Immobilienmakler, finanzierende und strukturierende Bank – hatten ein Interesse am Zustandekommen des Immobilienkaufs. Das Risiko des Kreditausfalls, was sonst die Vergabe von Krediten bremst, war an fremde Investoren ausgelagert. Dieses Risiko der Investoren sollten Ratingagenturen abschätzen, die damit eine vergleichbare Rolle zu den medizinischen Gutachtern beim Aufkauf von US-Lebensversicherungen einnahmen. Inzwischen weiß man, dass einige Ratingagenturen systematisch zu gute Bewertungen im Sinne ihrer Auftraggeber abgegeben haben. Es ist naheliegend, dass sich ein ähnlicher Interessenkonflikt auch in den systematisch falschen Schätzungen der medizinischen Gutachter manifestierte.
Haben Sie auch Verluste am Zweitmarkt für US-Lebensversicherungen erzielt? Gern prüfen wir Verkaufsprospekte und weitere Unterlagen aus wirtschaftlicher Sicht, z.B. im Rahmen eines Gutachtens. Sprechen Sie uns an!
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