Im Jahre 2011 ist die betrügerische Manipulation des Libor („London Interbank Offered Rate“) durch verschiedene Großbanken (u.a. UBS, Deutsche Bank, Royal Bank of Scotland) aufgedeckt worden.
Der Libor ist ein Referenzzinssatz, der – vereinfacht gesagt – den durchschnittlichen Angebotszins für Kreditgeschäfte zwischen Banken reflektiert und in mehreren Währungen und Laufzeiten erhoben wird. Im Unterschied zu den Leitzinssätzen der Zentralbanken wird er von den Banken selbst festgelegt.
Der Libor spielt für die Wirtschaft weltweit eine enorme Rolle, da eine Vielzahl von Geldmarkt-, Kredit- und Finanzgeschäften auf ihn referenziert. Auch für Privatpersonen kann er eine Rolle spielen, wenn z.B. Kreditverträge mit variablem Zinssatz die jeweilige Zinshöhe als den Libor zzgl. eines Margenaufschlages darstellen.
Durch die jahrelange Manipulation des Libor konnten sich die beteiligten Banken wirtschaftliche Vorteile verschaffen, indem sie den Referenzzins zum Vorteil eigener Geschäfte beeinflussten. Es wird von einem weltweiten Schaden von ca. 17 Mrd. USD ausgegangen. Die genaue Schadenshöhe ist jedoch schwer einzuschätzen, da hierzu nachgewiesen werden müsste, in welche Richtung und in welcher Höhe der Libor jeweils manipuliert worden ist.
Nach umfangreichen Ermittlungen der Finanzbehörden haben sich mehrere Banken zur Zahlung von Rekordstrafen von insgesamt über 9 Mrd. USD verpflichtet. Die Ermittlungen sind immer noch nicht vollständig abgeschlossen; zudem gibt es bereits erste Strafurteile gegen beteiligte Bankenmitarbeiter.
Investoren haben in den USA gegen die beteiligten Banken zwei Klageverfahren initiiert. Da die konkrete Schadenshöhe von den Geschädigten nur schwer bewiesen werden kann, stützen sich die Kläger auf das US-Kartellrecht. Dort ist der Nachweis der konkreten Schadenshöhe nämlich nicht notwendig, wenn den Kartellanten wettbewerbswidriges Verhalten und eine Marktbeeinträchtigung nachgewiesen werden kann. Hierfür stützen sich die Kläger insbesondere die Schuldeingeständnisse der Banken aus den Vergleichen mit den Finanzbehörden. Die Banken haben bisher angeführt, dass diese Art von Kartellklageverfahren nur der Kartellbehörden vorbehalten sei.
Dass diese Art von Kartellklagen aber auch durch Investoren grundsätzlich geführt werden kann, hat der US Supreme Court nun Mitte Januar höchstrichterlich entschieden. Dies ermöglicht somit auch die Klagen weiterer Investoren.